News
19.02.2025

Bericht Haus des Meeres: Science Day 2025

Text und Bilder: Verein Haus des Meeres – Wissenschaft und Forschung (WiFo)

Seit 16 Jahren setzt sich der Verein „Haus des Meeres – Wissenschaft und Forschung“ mit seinem Forschungsförderungsprogramm für die biologische Grundlagenforschung ein. Mit insgesamt über 220.000 Euro, die in diesem Zeitraum an engagierte Wissenschaftler:innen vergeben wurden, leistet der Verein einen wichtigen Beitrag zur Förderung der Meeresforschung. Auch in diesem Jahr wurden beim „Science Day 2025“ im Haus des Meeres, hoch über den Dächern Wiens, zwei Forschungsstipendien in Höhe von je 6.000 Euro sowie ein Meeresschutzpreis in gleicher Höhe verliehen.

Neben der feierlichen Preisverleihung standen auch die drei Kuratoren des Haus des Meeres im Mittelpunkt: Daniel Abed-Navandi, Kurator für die Abteilung Aqua und Organisator des Science Day, Jeff Schreiner, der neue Direktor des Haus des Meeres, und Robert Riener, Kurator der Abteilung Terra. Sie wurden dem Publikum vorgestellt und von Vereinspräsident Walter Hödl über die neuesten Erlebnisse und Erkenntnisse aus ihrer Arbeit interviewt.

Das „Rupert-Riedl-Stipendium zur Förderung der Meeresforschung“ in Höhe von 6.000 Euro wurde dieses Jahr an Paul Höller verliehen. In seiner Arbeit beschäftigt er sich mit der Beschreibung neurogener Zelltypen in der Asselspinne Pycnogonum litorale anhand von Genexpressionsmustern.

Das „Ferry-Starmühlner-Stipendium zur Förderung der Forschung an Süßwasserorganismen“, ebenfalls dotiert mit 6.000 Euro, ging an Liliana Kukacka. In ihrer Arbeit untersucht sie die Zusammensetzung und Verbreitung der Wirbellosen-Fauna im Hyporheal der Vjosa und ihrer wichtigsten Zuflüsse in Albanien und Griechenland.

Der „Hans-und-Lotte-Hass-Meeresschutzpreis“ in Höhe von 6.000 Euro wurde dieses Jahr an den Verein MareMundi vergeben. Ihr Projekt „MareMundi – mpa4Kvarner: Ein Meeresschutzgebiet für die Nordadria“ setzt sich für die Einrichtung eines Meeresschutzgebiets in der Nordadria ein. Helmut Wipplinger hielt den Vortrag dazu.

 

Beschreibung neurogener Zelltypen in der Asselspinne Pycnogonum litorale (Strøm, 1762) anhand von Genexpressionsmustern

Asselspinnen (Pycnogonida) sind eine Gruppe rein mariner Arthropoden, die ein Taxon der Chelicerata (Kieferklauenträger) darstellen und hier die Schwestergruppe aller übrigen Vertreter (u.a. Spinnen, Skorpione und Milben) bilden. Interessanterweise unterscheidet sich der Prozess der frühen Nervensystementwicklung (Neurogenese) bei Asselspinnen von jenem anderer Cheliceraten durch das Vorhandensein von großen neuronalen Stammzellen, welche sich durch eine hohe Zellteilungsrate und einen asymmetrischen Teilungsmodus auszeichnen. Diese Zellen ähneln in vielen morphologischen Aspekten den spezialisierten Stammzellen (Neuroblasten) von Krebstieren und Insekten (Pancrustacea), die dort während der Neurogenese aus dem Neuroepithel hervorgehen.

Obwohl die Stammzellen der Asselspinnen schon vor langer Zeit anhand von histologischen Daten beschrieben wurden, sind sie seitdem in der Forschung weitgehend vernachlässigt worden. Dadurch fehlen moderne Daten für ein genaueres Verständnis dieses Zelltyps, wie etwa dessen Genexpressionsprofil. Dies macht es unmöglich, sie mit den Neuroblasten der Pancrustaceen auf dem Genexpressions-Level zu vergleichen.

Deshalb ist es das Ziel dieser Arbeit, Genexpressionsmuster in der Asselspinne Pycnogonum litorale zu untersuchen, um erste Einblicke in die Transkriptionsprofile von neurogenen

Zelltypen in Pycnogoniden zu liefern (Fig. 1) und einen Vergleich zu den Neuroblasten der Pancrustaceen zu ermöglichen. Dies wiederum verspricht tiefere Einsichten bezüglich der offenen Frage, ob die neurogenen Stammzellen beider Gruppen unabhängig voneinander evolviert sind.

Um dies zu erreichen, wurde eine Reihe von Kandidatengenen, von welchen bekannt ist, dass sie bei der Neurogenese von Arthropoden eine wichtige Rolle spielen, für Hybridisation Chain Reaction In-Situ Hybridisation (HCR-FISH) in Kombination mit Kernfärbungen verwendet. Mit dieser Methode können die Expressionsmuster mehrerer Gene zeitgleich mittels Fluorophoren markiert und im Anschluss mittels konfokaler Laser-Scan Mikroskopie dokumentiert werden.

Bild1: Paul Höller

Bild2: 3D-volume rendering verschiedener postembryonalen Entwicklungsstadien (Instars - INS) von Pycnogonum litorale in Ventralansicht. Das anteriore Ende des Tieres ist nach oben gerichtet. Der Kernmarker DAPI (Cyan) markiert alle Zellkerne des Tieres. Entlang der Mittellinie des Tieres sieht man die Ganglien des ventralen Nervenstrangs. A: Expressionsmuster der Gene Embryonic lethal abnormal vision (Elav in Gelb) und SoxNeuro (SoxN in Magenta) B: Expressionsmuster des Gens Prospero (Pros in Rot). C: Expressionsmuster des Gens Brain tumor (Brat in Gelb). D: Expressionsmuster von dem Achaete-scute Homolog 2 (ASH2 in Magenta).

 

Zusammensetzung und Verbreitung der Wirbellosen-Fauna im Hyporheal der Vjosa und ihrerwichtigsten Zuflüsse in Albanien und Griechenland

Die Vjosa ist ein Flusssystem, welches in den Bergen Nordgriechenlands entspringt und in Albanien ins Mittelmeer mündet. Im Jahr 2023 wurden die Vjosa in Albanien zusammen mit ausgewählten Nebenflüssen zum ersten europäischen Wildfluss-Nationalpark erklärt. Ein Nationalpark über den man bisher wenig weiß. Im Rahmen des von der OEAD finanzierten Forschungsprojekts VjoSusDev und zweier Forschungswochen, unterstützt von den NGOs River Watch, EcoAlbania und MedINA, wurde die hyporheische Zone des gesamten Flusssystems auf ihre Evertebraten-Fauna hin untersucht. Mehr als 50 Standorte wurden besammelt und alle Proben auf taxonomische Großgruppen aussortiert. Neben den Tieren wurde eine Vielzahl an physikalisch-chemischen und biotischen Variablen mit erhoben. Dazu gehören unter anderem die Wassertemperatur, der Sauerstoffgehalt, Nährstoffe im Porenwasser, die Korngrößenverteilung der Sedimente und der Gehalt an organischem Material. Die folgenden Analysen konzentrieren sich auf die Zusammensetzung der hyporheischen Lebensgemeinschaften und die Verteilung einzelner Tiergruppen im Längsverlauf des Flussnetzwerks, in Abhängigkeit der geologischen Randbedingungen und in Abhängigkeit von potenziellen Verschmutzungseinflüssen. Erste Ergebnisse zeigen Veränderungen in der Zusammensetzung der Evertebraten-Gemeinschaft entlang des Flusses, abhängig von der Geologie, den Fließbedingungen und den Eigenschaften der Sedimente. Einzelne Gruppen von Krebstieren (z.B. Ruderfußkrebse, Flohkrebse) und Insekten (z.B. Zuckmücken) dominierten die Gemeinschaften. In Zeiten des Naturschutzes und der Renaturierung kann die Vjosa, als letzter großer frei fließender Wildfluss in Europa, als Vorbild und wichtiges Referenzsystem dienen.

Bild3: Liliana Kukacka

Bild4: Flusslandschaft Vjosa; Albanien (Liliana Kukacka)

 

MareMundi - mpa4Kvarner
ein Meeresschutzgebiet für die Nordadria

Die Meeresschutz-NGO MareMundi ist seit über 15 Jahren auf der Insel Krk im Herzen der Kvarner Bucht aktiv. Durch die langjährigen Aktivitäten in diesem Gebiet wissen wir, dass das Meer hier noch immer sehr schützenswert, aber auch gefährdet ist. Daher wurde 2023 das bisher größte Schutzprojekt in der Geschichte von MareMundi gestartet: Eine Initiative für ein Meeresschutzgebiet in der Kvarner Bucht, eine MPA, (marine protected area), wie ein Meeresschutzgebiet international genannt wird. So entstand auch der Projektname: mpa4Kvarner. Das Gebiet soll eine Größe von knapp 100 km² umfassen. Durch die vielen Inseln in der Kvarnerbucht ergeben sich enorm viele Kilometer Küste und das ist einer der Gründe, warum dieses Areal sehr gut geeignet ist. Zu einem guten Teil sind das stark strukturierte Kalkstein-Küsten oder Klippen, die eine hervorragende Grundlage für eine enorme Biodiversität unter Wasser bieten. Aber auch die hier vorhandenen Seegraswiesen stellen eine Schlüsselrolle dar. Zu den prominentesten Bewohnern gehören sicher Delfine, denen MareMundi regelmäßig am Meer begegnet. Ebenso sind zahlreiche Haiarten hier heimisch, sogar Riesenhaie, werden hier immer wieder gesichtet.

Aktuell konzentrieren sich die Tätigkeiten von MareMundi auf eine fundierte Erhebung des biologischen Status Quos. Es soll mittels kontinuierlicher Tauchgänge und moderner wissenschaftlicher Methoden die biologische Diversität der marinen Ökosysteme protokolliert und gleichzeitig auch der Zustand der wichtigsten Habitat-Typen festgestellt werden. Auch zahlreiche Sondierungsgespräche finden aktuell statt, um maßgebliche Kräfte der Gesellschaft, der Politik und der Öffentlichkeit zu mobilisieren und sie positiv für die Ziele des Projekts zu stimmen. MareMundi ist ein österreichischer, gemeinnütziger Verein. Die Hauptziele umfassen den Schutz von Meeres- und Küstenlebensräumen, die Förderung von Umweltbildung und die Durchführung unabhängiger wissenschaftlicher Forschung mit dem Schwerpunkt Mittelmeer. mare-mundi.org / mpa4kvarner.org

Bild5: MareMuni Teammitglied Rouven Metternich

Bild6: Karte des geplanten Meeresschutzgebietes (in Grau hinterlegt). Die vorgesehenen No-Take-Zones sind farblich markiert (Blau und Gold).

Bild7: Tech-Diver untersucht einen Geweih-Schwamm in einer der geplanten No-Take-Zonen.

Bild 1
Bild 1
Bild 2
Bild 2
Bild 3
Bild 3
Bild 4
Bild 4
Bild 5
Bild 5
Bild 6
Bild 6
Bild 7
Bild 7